351 Tage Costa Rica

Ich weiß ich habe mich hier im Blog nicht allzu oft gemeldet und fühle mich fast schon wie ein Gastschreiber. Tut mir leid, aber ich bin ein Mensch der so etwas viel zu oft, zu lange aufschiebt, bis den Beitrag dann doch Daniel geschrieben hat. Nichts desto trotz werde ich zum Abschluss noch einmal ein paar Dinge teilen die mich im Moment bewegen und während meiner Zeit in Costa Rica bewegt haben.

Am Anfang war die Ankunft. Es ist unglaublich, dass seither schon fast ein Jahr vergangen ist. Ein Jahr. Ein Jahr seit ich im Wohnzimmer meiner neuen, noch unbekannten Gastfamilie stand und versuchte mich mit meinem praktisch kaum vorhandenen Spanisch zu verständigen. Ein Jahr seit ich so viele Gesichter zum ersten Mal sah, welche ich jetzt als die Gesichter von guten (und gefühlt langjährigen) Freunden bezeichne. Ein Jahr seit ich viele der kleinen und großen Persönlichkeiten zum ersten Mal sah, für welche ich nun 107 kleine, schwarze Punkte in meinem Arm mit mir trage. Ein Jahr, dass sich wie zwei oder drei Monate anfühlt. Unglaublich.


Aber was hat sich verändert? Und damit meine ich sowohl was sich an mir persönlich verändert hat, als auch den Abdruck den ich an dem Ort hinterlassen habe, an dem ich das vergangene Jahr gelebt habe.

Was meine Arbeitsstelle, die ACJ, angeht kann ich sagen dass so einige Projekte geblieben sind, bei denen ich mitgewirkt habe. So zum Beispiel unsere Modifikation der Kletterwand, das Gartenprojekt, bei dem ich half, oder auch der Barfußpfad den es jetzt gibt. Das Projekt auf welches ich immernoch sehr stolz bin ist zwar der Sandkasten, welcher aber eigentlich nicht zählt, da wir diesen bereits 2015, als Teil des Baucamps, gebaut haben und nicht im Zuge meines Volontariats.

Doch was weniger auffällt, was aber ganz genau so bleibt ist die Erinnerung an die gemeinsame Zeit, sowohl meinerseits als auch die, der Personen, mit welchen ich zu tun hatte. Was mich persönlich betrifft würde ich von mir generell behaupten mit dem selben Charakter zurück zu kehren mit dem ich auch schon kam. Dennoch wenn ich über das nachdenke, was ich hier so getan und erlebt habe merke ich, dass das alles niemals in drei Monate gepasst hätte, will heißen sehr viel erlebt habe ich ja schon. Es muss sich ja irgendetwas an mir verändert haben. Die einzig oberflächliche Veränderung ist wohl die Tinte, welche ich nun unter meiner Haut mit mir trage,welche ich aber bereits in Deutschland wollte.

Nichts desto trotz habe ich allein im ersten halben Jahr täglich so viel neues gesehen, erlebt und vor allem gehört, auch im Bezug auf die Sprache, dass sich ja etwas verändert haben muss. Ich habe ein Jahr lang in einer zunächst fremden Familie gelebt, was bedeutet, dass ich die meisten meiner Angewohnheiten zunächst ablegen und mich unheimlich an dieses komplett neue Umfeld anpassen musste. Ich musste das Land, seine Leute und die Kultur mit all ihren Eigenarten kennen lernen und mich denen anpassen.

Ich habe das Gefühl ich war über das Jahr hinweg ein wesentlich aktiverer Mensch als ich das in Deutschland war. Ich fühlte mich weniger faul und gehe davon aus, dass dies der Arbeit zu verdanken ist, da ich im Vergleich dazu in der Schule wesentlich weniger wirklich arbeiten musste. Ich hoffe diese Eigenschaft hält sich mir auch nach dem Volontariat noch. Auch habe ich extrem viel gelernt was die Arbeit mit Kindern, vorallem kleinen Kindern, angeht. So hatte ich zum Beispiel vorher noch nie mit 0-3 jährigen Kindern gearbeitet, noch nie eine Windel gewechselt und musste auch nicht diese Art von Aufsicht leisten, bei welcher man viel mehr Acht geben muss als bei größeren Kindern. Auch im Bezug auf den Umgang mit größeren und vor allem Kindern aus schwierigen Verhältnissen habe ich unheimlich viel gelernt.




Selbst in meinen Urlauben habe ich sehr viel gelernt was das Leben mit den Leuten in Costa Rica angeht, da ich nun aus der Hauptstadt, speziell aus Purral, heraus kam und auch zum Beispiel das Leben ausserhalb der Stadt erlebte. Aber auch sehr viel über die Tierwelt und Natur lernte und vor allem sah ich sehr viel Interessantes und Atemberaubendes, wie zum Beispiel unser Zwischenseminar in einem Indigenen Dorf.

Des Weiteren war unser Urlaub in Kolumbien eine große Bereicherung, da ich einen Einblick in die Arbeit anderer Volontäre bekam und ein völlig anderes Land kennen lernte, mit all den kulturellen und sprachlichen Unterschieden, welche ich äußerst interessant fand.



Alles in allem bin ich unheimlich zufrieden mit meinem Volontariat, ich glaube von mir sagen zu können, dass ich ein guter Volontär gewesen bin, zumindest fühle ich mich gut mit dem, was ich arbeitsmäßig erreichen konnte und erleben durfte.

Ich habe vor meinem Jahr hier viele Orte mit einem Gefühl der Unvollständigkeit verlassen, über das nachdenkend, was ich hätte besser machen können oder wo ich hätte mehr machen können. Glücklicherweise ist dies jetzt nicht der Fall. Ich verlasse Costa Rica zwar mit einer gewissen Trauer über das Verlassen aller Freunde dort, der Kinder, der Familie und meines Lebens in meiner zweiten Heimat, dennoch verlasse ich das Land mit einem gewissen Sättigkeitsgefühl, im Bezug auf meine Erlebnisse und Taten.

Damit will ich nicht sagen, dass es Zeit war zu gehen, sondern eher dass ich nach diesem Jahr nichts habe von dem ich sage „Schade, das hätte man doch in einem Jahr schaffen können.“ sondern eher „Für ein Jahr habe ich echt viel gesehen und erreicht, ich kann das Land zufrieden verlassen“.

Meine Gefühle über das Verlassen sind sehr gemischt. Zum einen bin ich, wie gesagt, sehr traurig mein Leben hier zu verlassen, auf der anderen Seite jedoch habe ich selbstverständlich auch Freunde, Familie und ein anderes Leben in Deutschland, das ich sehr gerne wieder sehe. Man ist wohl nie wirklich zufrieden. Am liebsten würde ich Costa Rica mit nehmen und direkt neben Deutschland stellen. Frankreich hat ja genug Fläche, könnte ja ein bisschen was dafür hergeben. Das wäre meine Wunschlösung, welche mir leider aus logistischen Gründen nicht wirklich möglich ist.


Nun musste ich mich von Alldem verabschieden und allen „Auf Wiedersehen“ sagen, wofür ich am Ende mehr Zeit hatte als erwartet, da mein Flug um zwei Tage nach hinten verschoben wurde, wegen eines technischen Defekts. Dass mein Abschied so in die Länge gezogen wurde war zunächst komisch, vor allem plötzlich wieder bei meiner Gastfamilie zu stehen, nachdem ich eigentlich schon am Flughafen gestanden hatte.  Es war aber auch gut, da ich noch einige Stunden mehr nur mit der Familie hatte und der Abschied nicht so hart wurde.

Dennoch kam er und ich verließ das Land. Das Meiste dieses Eintrags schrieb ich im Flugzeug, zur einen Hälfte traurig, zur Anderen freudig wieder in die Heimat zu kommen. Im Moment bin ich bereits wieder in meinem Haus in Deutschland und fühle mich eigenartig, wieder hier zu sein und dass ich ein komplettes Jahr weg war. Hier sitze ich nun mit all den Erinnerungen, Erlebnissen Gedanken und Erfahrungen in meinem Kopf oder dieser einen Großen, die ich wirklich jedem empfehlen kann.

In diesem Sinne verabschiede ich mich wohl auch schon hier aus diesem Blog und wünsche sowohl allen zukünftigen Volontären ein tolles Jahr, als auch Daniel einen guten Rest.


Es ist wie ein Sonnenuntergang. Der Sonnenuntergang für mein Volontariat. Es war ein schöner Tag. Und morgen geht sie wieder auf. Wer weiß wo.

Pura Vida!

Euer Jeremías

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